„Nicht nur ein karger Raum mit Stehtischen und Aschenbechern“ – Gespräch mit Fiasko-Betreiber Oliver Kurzweil (WS 2012/13)

Seit einem Vierteljahrhundert gehört das Fiasko an der Schönfelder Straße in Kassel zu den angesagtesten Kultkneipen in Nordhessen. Oliver Kurzweil erzählt von den Anfängen und gibt einen Einblick hinter die Kulissen seiner Rockerkneipe.

Von Christopher Schütz.

Oliver Kurzweil

Oliver, das Fiasko gilt seit 25 Jahren als Kultkneipe in Kassel und steht als Treffpunkt für „Suff ’n‘,  Schwatz ’n‘, Rock ’n‘. Wie fing alles an, wie ist das Fiasko zu dem geworden, was es heute ist?
Oliver Kurzweil: Das ist eine lange Geschichte. Mein Vater hat früher in vielen Kneipen ausgeholfen, bis er sich 1987 mit fünf weiteren Freunden selbstständig gemacht und das Fiasko gegründet hat. Anfangs war es eine Stadtteilkneipe, die mehr und mehr zum Anlaufpunkt für Motorradfahrer wurde. Als 1989 die Grenze geöffnet wurde, hat sich mein Vater beruflich umorientiert und überschrieb mir seinen Anteil. Nach und nach stiegen die anderen Teilhaber aus, bis mir das Fiasko allein gehörte. Jedoch habe ich später wieder zwei Geschäftsführer eingestellt, da es vom organisatorischen Aufwand nicht anders zu händeln war.

Aber auch über Kassels Grenzen hinaus gilt das Fiasko als Szenetreff. Wie kam das?
Das kam 1994. Samstags war bei uns relativ wenig los, bis wir dann begannen, jeden Samstag Livemusik zu veranstalten. Für für die ganzen Motorradfahrer waren wir bis dato eigentlich mehr ein Zwischenstop. Die Livemusik wurde so gut angenommen, dass sich das Fiasko so entwickeln konnte, wie man es heute vorfindet.

Goethe sagte „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen“. Gab es Erlebnisse, bei denen das Zitat auch auf das Fiasko zutrifft?
(Kurzes Innehalten) Steine werden einem natürlich immer wieder in den Weg gelegt. Für uns war das Rauchverbot eines der größten Probleme. Man musste die Raucher ausquartieren. Damit die uns aber treu blieben, haben wir eine Menge Geld investiert. Wir haben den Raucherraum angebaut, Personal eingestellt, hatten viel höhere Energiekosten usw. Irgendwann haben wir angefangen, im Raucherbereich Musikvideos auf einer Großbildleinwand zu zeigen. Der schöne Nebeneffekt war, dass das unglaublich gut angenommen und honoriert wurde. Ich finde da passt dieses Zitat sehr gut, weil wir eben nicht nur einen kargen Raum mit Stehtischen und Aschenbechern wollten.

Während des Sommers besticht das Fiasko unter anderem durch seinen Biergarten, der laut eurer Internetpräsenz zu den „schönsten und größten Biergärten in der ganzen Stadt“ gehört. Wodurch hebt sich das Fiasko noch von anderen Kultkneipen ab?
In erster Linie durch die Musik, schätze ich mal. Wir trauen uns auch, in härtere Bereiche reinzugehen. Eben Musik zu spielen, die man nicht unbedingt im Ulenspiegel oder in Joe´s Garage hört, wie Rammstein oder Metallica beispielsweise. Wir haben da keine Berührungsängste.

Im Dezember findet wieder das alljährliche Weihnachtsgrillen und Gänseessen statt. Auf welche anderen Highlights kulinarischer Leckerbissen darf man sich im Fiasko noch freuen?
Das Gänseessen machen wir jedes Jahr, schafft einfach dieses familiäre Klima. Ansonsten haben wir in den Wintermonaten ständig wechselnde, nordhessische Küche, wie z.B. „Gefülltes Kraut“, oder „Schnippelbohnensuppe“. Im Sommer ist das schwierig, allein schon wegen des Biergartens geht dann nur á la carte.

Letztes Jahr fanden einen Tag vor Weihnachten zum ersten Mal die „X-masas Open Stage“ statt, wie waren die Erwartungen?
Wir können viele Bands nicht einladen, da sie zu wenig Zuschauer anziehen und wir nicht subventioniert werden. Durch die Open Stage haben wir genau diesen Bands die Möglichkeit geben, sich präsentieren zu können und das Fiasko zu rocken. 

Plant das Fiasko auch einen Beitrag zum 1100jährigen Stadtjubiläum?
Es laufen Gespräche mit der Stadt. Eventuell übernehmen wir zusammen mit Joe´s Garage eine Bühne, so wie sonst zum Stadtfest. Allerdings ist das noch absolut offen. Das wäre unser Beitrag, den wir gerne leisten wollen.

Das Fiasko ist nun ein Vierteljahrhundert alt, wo siehst du es im Hinblick auf die kommenden 25 Jahre?
Das muss man sehen, Gastronomie ist ein hartes Geschäft geworden. Der Pachtvertrag läuft jetzt noch fünf Jahre. Was dann passiert, muss man abwarten. Ich werde es definitiv keine weiteren 25 Jahre mehr machen (lacht), aber ich hoffe, dass sich jemand findet, der das Fiasko am Leben hält.

Noch eine Frage zum Abschluss: Welches Ereignis ging als die erzählenswerteste Schote in die Geschichte des Fiaskos ein?
Also direkt ’nen Gassenhauer, von dem man noch in 25 Jahren spricht, den gibt’s so gar nicht. Jeden Abend passieren hier 1000 Sachen, das Fiasko muss man einfach erleben.

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