„Tja, das wüssten wir auch gern!“ – Frank Thöner über das Kino (WS 2012/13)

Frank Thöner, Mitgründer des seit 1981 bestehenden Vereins Filmladen Kassel e.V., gibt Einblicke in die Programmgestaltung und spricht über die Zukunft der Film- und Kinobranche.

Von Anna Westphal

Frank Thöner, Foto: Westphal

Wie sind Sie dazu gekommen, den Filmladen zu gründen?
Frank Thöner: Ich studierte in den 80er Jahren Grafikdesign, Fotografie und Film und gehörte einer Studentengruppe an, die sich für das Kino interessierte. Mit dem Programm, das damals geboten wurde, waren wir nicht einverstanden. Deswegen haben wir gesagt, das müssen wir selber machen.

Was sind Ihrer Meinung nach die prägnantesten Unterschiede zwischen dem Filmladen und größeren Kinoketten wie z.B. dem Cineplex?
Wir versuchen, eher den „anspruchsvollen Film“ zu zeigen. Im Filmladen laufen z.B. viele Dokumentarfilme und kleine Produktionen, die es nicht in die großen Mainstream-Kinos schaffen. Wir wollen nicht den neuesten James Bond Hobbit oder 3D-Trickfilmproduktionen zeigen, sondern Filmkunst, deutsche und europäische, aber auch amerikanische Independent-Filme. Natürlich brauchen wir auch im Gloria und Bali Filme, die einen gewissen Umsatz bringen. Diese beiden Kinos sind zusammen eine GmbH, während der Filmladen ein Verein ist, der u.a. Unterstützung von der Stadt bekommt. Die Besucher unserer Kinos, der sogenannten Arthouse-Kinos, sind im Durchschnitt älter als die des Cineplex. Wobei wir wissen, dass Leute, die zu uns kommen auch ab und zu ins Cineplex gehen.

Wie werden die Filme für das Programm ausgesucht? Gibt es bestimmte Vorgaben oder Kriterien?
Zum einen arbeiten wir mit Filmverleihen zusammen, zum anderen fahren wir zu Pressevorführungen und Festivals, um möglichst viele Filme vorab zu sichten. Die Kriterien sind: a) passt ein Film in unser Programm? und b) ist dieser Film eher für ein größeres oder kleineres Kino bestimmt? Wenn ein Film in Frankreich oder Italien ein großer Erfolg war, könnte er auch für uns in Deutschland interessant sein. Ein weiteres Kriterium ist, dass wir Filme thematisch auswählen, z.B. für eine bestimmte Reihe. Wir schauen, welche neuen oder auch älteren Filme inhaltlich zur jeweiligen Filmreihe passen. Blockbuster lassen wir dabei normalerweise außen vor. Ausnahmen sind Filme wie zurzeit Life of Pi, gehobener Mainstream, jedoch auch für unser Publikum interessant.

Der Film Ziemlich beste Freunde wurde erst im Bali und danach auch in den Multiplexen gezeigt. Ein weiteres Beispiel?
Genau. Das hat sehr gut funktioniert, nicht nur in Kassel, sondern auch in anderen Städten. Da der Film für eine breite Schicht ausgelegt ist, hat er bei uns super Besucherzahlen erreicht. So einen Film in unterschiedlichen Kinos zu zeigen, macht dann auch Sinn.

Die Filme im Filmladen, Bali oder Gloria sind hauptsächlich europäisch. Warum?
Es gibt Statistiken, bei denen einzeln betrachtet die amerikanischen Produktionen vorn liegen. Betrachtet man die europäischen Länder zusammen, überwiegen jedoch deren Produktionen. Frankreich z.B. ist eine große Filmnation, in der viele intelligente Filme produziert werden, die dann wiederum für uns interessant sind. Durch unsere Digitalisierung im letzten Jahr haben wir nun endlich die Möglichkeit, Filme im Original mit deutschen Untertiteln (OmU) zu zeigen. Früher war es sehr kompliziert, die untertitelten Fassungen nach Kassel zu bekommen. Wir haben in der Regel jeden Mittwoch unseren OmU-Tag. Da zeigen wir z. B. Filme wie Life of Pi oder Anna Karenina.

Wie lange im Voraus wird das Programm geplant?
Wir geben monatlich unser Programmheft Cine heraus. Für die Erstellung benötigen wir ca. sechs Wochen Vorlauf. Aber das tatsächliche Programm wird jeden Donnerstag aktualisiert. Dazu schauen wir jeden Montag, wie die einzelnen Filme in der vorigen Woche gelaufen sind. Anhand der Besucherzahlen können wir dann entscheiden, ob wir bestimmte Filme in der darauffolgenden Woche wieder zeigen. Manche Filme bekommen eventuell einen anderen Saal zugewiesen oder werden ganz aus dem Programm genommen. Es gibt aber auch feste Termine, bestimmte Filmreihen, bei denen schon im Vorfeld feststeht, wann sie gezeigt werden. Grundsätzlich wissen wir ungefähr, was in den nächsten vier Wochen laufen soll.

Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Kinos und generell für den Film?
Tja, das wüssten wir auch gern! Wir sehen schon eine Perspektive für das Kino, auch ganz gezielt für uns und Kassel. Sonst hätten wir im letzten Jahr nicht eine so große Investition getätigt, die komplette Digitalisierung hat uns ca. 300.000€ gekostet, trotz der Zuschüsse. Ich denke, dass immer Leute ins Kino gehen werden. So gut sich die technische Situation zuhause entwickelt, sie kann das Kinoerlebnis nicht ersetzen. Das ist was komplett anderes, wenn Sie mit hundert Leuten in einem Kinosaal sitzen und Ziemlich beste Freunde schauen. Der komplette Saal geht doch irgendwie mit, das kann man zuhause nie so reproduzieren. Deswegen glaube ich, dass das Kino überleben wird.

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