Von Eileen Rupprecht
Ich treffe Dr. Kai Füldner (*1965), Forstwissenschaftler und zweifacher Museumsdirektor, in seinem Büro. Wir sprechen über seine vielfältigen Tätigkeiten, vergangene Ereignisse und künftige Aufgaben im Naturkundemuseum Ottoneum und Stadtmuseum Kassel.
Wie kamen Sie als Forstwissenschaftler dazu, ein Museum zu leiten?
Das ist eine gute Frage (lacht), das haben mich schon einige Leute gefragt. Ich bin bisher der einzige Forstwissenschaftler, der ein Museum leitet – so weit ich weiß. Es ist ein besonderer Lebensweg. Als Kind habe ich allerdings schon gerne Museen besucht und als Jugendlicher im Heimatmuseum Flensburg gejobbt. An der Fakultät für Forstwissenschaften der Uni Göttingen war ich als Wissenschaftler tätig, was durchaus museale Elemente wie Sammlungen von Insekten oder Vögeln beinhaltete – das geht ja schon etwas in Richtung Sammlungsverwaltung. So kam dann eines zum anderen!
Sie leiten das Ottoneum nun seit zehn Jahren. Was würden Sie rückblickend als Höhepunkt dieser Zeit bezeichnen?
Man kann nicht sagen, dass es einen Höhepunkt gibt, aber es gab einige Ausstellungen, die durchaus aus dem Üblichen herausragen . Halbjährlich gibt es neue Sonderausstellungen, die immer eine besondere Sachen sind. Die Mumienausstellung im Jahr 2009/10 war zum Beispiel etwas ganz Besonderes. Aber auch die Monsterausstellung – das hört sich jetzt vielleicht etwas schräg an – das war etwas was ich persönlich schon immer machen wollte. Die Darstellung von kryptischen Tieren ist seit einigen Jahren modellbauerisch umzusetzen und war wirklich etwas sehr ungewöhnlich.
Was macht Ihnen an Ihrer Tätigkeit am meisten Spaß?
Da gibt es mehrere Dinge, die entscheidend sind. Zu einem sehr großen Teil ist es die Freiheit gestalterisch tätig zu sein. Wenn wir bei dem Thema Monsterausstellung bleiben, dann war ich tatsächlich komplett frei in meinen Entscheidungen. Das Gestalterische, das bei uns oft sehr szenarisch dargestellt ist, und die vielschichtigen Themen sind besonders spannend. Bei den Mumien ging es um ästhetische Aspekte auf der einen Seite, auf der anderen um das Problem, ob man tote Menschen zeigen darf. Man darf. Und es hat die Besucher berührt. Wir haben aber auch Ausstellungen, die einfach nur Spaß machen und Dinge spielerisch zeigen. Es ist toll mit dieser großen Spannweite zu arbeiten.
Was macht das Museum aus Ihrer Sicht besonders? Die angesprochene Vielfältigkeit?
Wir sind ein mittelgroßes Naturkundemuseum, wenn man das deutschlandweit vergleicht. Man muss sich die Frage stellen: was ist das Ziel des Museums? Wir haben uns entschieden, auf durchaus wissenschaftlicher Basis, Ausstellungen für die Menschen dieser Stadt zu machen. Bezogen auf ganz verschiedene alltägliche Themen. Wir machen Ausstellungen für die Menschen und das möglichst so interessant, dass sie auch breitgefächert angenommen werden, wir sind ja Kulturvermittler. Man muss Zusammenhänge erklären- und das auf eine anmutige Art und Weise.
Neuerdings sind Sie ja auch auch Leiter des Stadtmuseums – hat Sie diese Ernennung überrascht?
(Lacht) Ja, ich bin ja nun kein Historiker – aber historisch und technisch sehr interessiert, das sind echte Steckenpferde von mir, sodass ich durchaus mitreden kann. Wobei mir die Stadtgeschichte Kassels erst seit einigen Jahren geläufiger ist. Teil der Ausstellung hier ist die Präsentation der Skelettfunde auf dem Unicampus von 2008, was ein rein stadtgeschichtliches und anthropologisches Thema ist. Als wir untersucht haben, was diesen Menschen, diesen Soldaten passiert ist, hatte das einen stark geschichtlichen Aspekt, den wir hier im Naturkundemuseum zeigen. Da gehen Naturgeschichte und Stadtgeschichte Hand in Hand und wir wollen künftig durch die synergetische Verschmelzung beider Museen eine Verbesserung herstellen. Bei zwei Museen kann man auch noch gut den Überblick behalten.
Tatsächlich? Wie bekommt man zwei so wichtige Museen für die Stadt organisatorisch unter einen Hut?
Grundsätzlich haben wir mit vielen verschiedenen Menschen zu tun. Mit Fachleuten verschiedener Bereiche, wie Paläontologie, Präparation, Pädagogik, Gestaltung, Betriebswirtschaft. Die Kunst als Direktor von zwei Museen ist es dieses Know-how zu bündeln und richtig einzusetzen. Es ist letztendlich eine Frage der Führung von Menschen, egal ob im natur- oder stadtgeschichtlichen Museum oder einem anderen Betrieb. Die Menschen müssen so zusammengeführt werden, dass sie gerne zusammenarbeiten und ihr Fachwissen einbringen können.
Vieles läuft auch über Erfahrungswerte. Nach und nach findet man seinen Weg. Da sind dann noch die Kollegen aus anderen Häusern, für das Stadtmuseum muss ich natürlich gewisse Spitzfindigkeiten erst erlernen.
Was würden Sie sich für Kassel auf kultureller Ebene wünschen?
Kassel ist kulturell ziemlich weit vorne dabei, da können sich viele andere Städte was von abschneiden! Ich würde mir trotzdem wünschen, dass Chancen wie mit dem Welterbe und den damit zusammenhängenden Investitionen von Land und Stadt, dem Publikum auch wirklich zugute kommen. Die etwa 30 Millionen Euro der Stadt für die GRIMMWELT und das Stadtmuseum sind freiwillige Leistungen, die man auch hätte anders investieren können. Das bedeutet: Wir stehen in der Pflicht, der Bevölkerung zu zeigen, dass sich das gelohnt hat. Vor allen Dingen ist es wichtig, dass wir die folgende Generation für diese kulturellen Leistungen gewinnen und sensibilisieren können und auch sie wieder Lust hat die nächste Investition auf dieser Ebene zu tätigen.