
Christine Knüppel (Foto: Wienands)
Von Marie Wienands
Christine Knüppel war 1977 eine der Mitbegründerinnen des Kulturzentrums Schlachthof und ist seit 1985 Geschäftsführerin dieser Einrichtung. Das Kulturzentrum bietet diverse Kultur- und Bildungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an. Seit Juli 2017 wird das denkmalgeschützte Gebäude für rund 3,8 Millionen Euro renoviert und soll 2019 wiedereröffnet werden.
Das Kulturzentrum Schlachthof wird gerade umgebaut und auch der Veranstaltungssaal bekommt einen neuen Anbau, in den circa 200 Leute mehr reinpassen als sonst. Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich dort?
Es bietet uns die Chance, Bands, auch im Sinne der Nachwuchsförderung, vor einem größeren Publikum auftreten zu lassen und sie professionell auf ihrem Weg zu begleiten. Wir freuen uns, wenn sie dann die Chance erhalten, auf größeren Festivals aufzutreten, wie z.B. im Kulturzelt. Oft bleibt eine starke Verbundenheit mit dem Schlachthof als der Club, der sie gefördert hat.
Was bedeutet der Standort Nordholland für das Kulturzentrum Schlachthof?
Das hat was mit der Geschichte des Schlachthofs zu tun. Den Schlachthof gibt es seit 40 Jahren und hat sich aus einer sozialen Bewegung in den 70er Jahren entwickelt, aus der Diskussion, dass es nicht nur Orte der Hochkultur wie das Staatstheater geben kann: Kultur sollte aber für alle Menschen zugänglich gemacht werden. Also gründete sich eine Initiative, angestoßen von Studenten, Künstlern, Musikern und Migrantenvereinen, die sich Mitte der 1970er Jahre, ein Kulturzentrum erstritten hat. Natürlich ist der Standort in Nordholland besonders gut und wichtig, da sich dort sowohl das Angebot stadtweit als auch regional im Bereich Kultur und Bildung von Migranten ausrichtet, aber natürlich auch ganz stark die Arbeit sozialräumlich auf die Nordstadt ausgerichtet ist. Der Schlachthof ist nicht nur Kultur. Mit Bildungs-, Beratungsangeboten und Jugendarbeit repräsentiert er mehr als Kultur.
Wie sehen Sie den Schlachthof in zehn Jahren?
Den wird es, denke ich, weitergeben und der wird weiterhin in relevanten gesellschaftlichen Feldern aktiv sein, sich einbringen und handeln. Von der Kulturarbeit bis hin zur Jugendarbeit oder zur sozialen Arbeit. Das ist immer ein bisschen von der politischen Landschaft und von politischen Problematiken abhängig, wie weit da Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden. Aber ich denke, dass der Schlachthof unter Beweis gestellt hat, dass er sich weiterentwickelt beziehungsweise auch immer wieder neue innovative Wege geht und dann, so glaube ich, ein wichtiger Bestandteil für die Kultur-, Integrations- und Bildungsarbeit in Kassel sein wird. Das würde ich mir wünschen.
Wie wird kulturelle Arbeit von den Kindern angenommen?
Die Kinder sind unglaublich gut zu begeistern und haben von sich aus ein Interesse, neue Dinge zu entdecken und sich in Projekten auszuprobieren. Wir arbeiten hier viel mit Kulturwerkstätten und ganz unterschiedlichen Medien wie Tanz, darstellende Kunst oder auch Fotografie und Malerei. Wir machen Museumsbesuche, um die Kinder so viel wie möglich mit Kultur in Berührung zu bringen, denn Kultur ist der Schlüssel zur Teilhabe an der Gesellschaft. Da die Kinder teilweise nicht gewohnt sind, manche Medien zu benutzen, schaffen wir mit unserer Arbeit auch die Bindung und ermutigen Kinder dazu, Ausdauer zu erlernen und nicht gleich aufzugeben.
Kulturelle Bildung ist Ihnen wichtig. Glauben Sie, dass die Stadt Kassel mehr kulturelle Einrichtungen benötigt?
Es gibt viele kulturelle Einrichtungen und kreative Orte für Partizipation und Teilhabe, die es meiner Meinung nach gilt zu stabilisieren und strukturell abzusichern. Die verschiedenen kulturellen Ansätze der Stadtteile könnten sich in neueren Kooperationen weiterentwickeln, um das volle Potenzial auszuschöpfen, da es insgesamt Bedarf gibt, die verschiedenen Standorte weiterzuentwickeln. Es ist wichtig, offen zu sein für neue Wege, um neue Formen der Umsetzung zu finden.
Wie fördert die Stadt Kassel kulturelle Arbeit?
Punktuell ist in den letzten Jahren eine Förderung im Bereich der kulturellen Bildung vom städtischen Haushalt aufgenommen worden, da es auch viele Diskussionen über die positiven Wirkungen gab. Trotzdem ist dies ein Thema, das fester in die Planungsstrukturen aufgenommen werden muss, damit eine verlässliche Förderung der kulturellen Einrichtungen stattfinden kann und nicht für jedes Projekt ein neuer Antrag gestellt werden muss. Das ist schon aufwendig, erfordert viel Verwaltungs-Know-How und bindet Ressourcen, was kleinere Träger oder Kulturinitiativen kaum leisten können, da ein solcher Antrag immer mit viel Mühen und Aufwand an Ressourcen verbunden ist.
Apropos Ressourcen: Wenn Sie morgen ein Projekt ohne Limit von Ressourcen leiten dürften, was würden Sie da machen?
Ich würde mich in der kulturellen Bildung, also in Kulturwerkstätten gerne mehr engagieren. Ich würde eine stärkere Vernetzung von StadtteilbewohnerInnen und Kulturschaffenden ermöglichen wollen, wo man einfach mal bestimmte Projekte ausprobiert und selbst organisiert. Dabei wäre mir die Sichtbarkeit der Projekte in der öffentlichen Wahrnehmung sehr wichtig.