
Jürgen Müller. Foto: Azra Velispahic
Von Azra Velispahic
An einem regnerischen Tag traf ich Jürgen Müller (Jg. 1969), besser bekannt als „Herr Müller und seine Gitarre“, bei ihm zu Hause. Mit dem in der Region bekannten Kinderliedersänger sprach ich über Beruf und Familie.
Wann haben Sie mit der Kindermusik angefangen?
Das ist gar nicht so lange her, 2010. Also, Musiker bin ich schon seit ich denken kann, ich habe auch keinen anderen Beruf so richtig ausgeübt. Ich war selber Bassist in einer anderen Kinderliederband, dann wollte ich doch noch meine eigenen Kinderlieder machen, die ein bisschen mehr Schwung haben und mehr rocken.
Woraus beziehen Sie Ihre Inspiration?
Da fällt einem schon viel ein. Ich bin selber ein Quatschkopf und ich habe festgestellt, dass ich ganz viel Musik doof finde. Deswegen habe ich relativ schnell einen Weg gefunden, wie man das gut machen kann oder sogar noch besser. Die Inspiration bekomme ich meistens von den Kindern.
Was unterscheidet das Kinderpublikum von den Erwachsenen?
Das Kinderpublikum ist viel direkter und offener. In meinem Fall wirkt sich das ausschließlich positiv aus. Die lassen sich gerne begeistern. Viele Erwachsene sind nicht leicht zu motivieren, die muss man ein bisschen zu ihrem Glück „zwingen“.
Ist es schwierig, sich immer wieder bei Auftritten auf die Kleinen einzustellen, besonders lustig zu sein und sie zu animieren?
Zum Glück fällt mir das gar nicht schwer. Das liegt aber mehr an meiner Art. Ich habe einen total guten Zugang zu Kindern, da muss ich mir nichts überlegen. Ich komme auf die Bühne, bin sofort sehr präsent und dann kleben die Kinder fast schon an meinen Lippen.
Nerven die Kinder Sie manchmal?
Also, als Vater nerven mich meine Kinder genauso wie andere Kinder ihre Eltern nerven. Da ist man schon oft in Grenzsituationen, aber bei der Musik habe ich das gut im Griff.
Es gibt ja auch die Band „Herr Müller und seine Gitarre‘‘. War das von Anfang an eine Band oder haben Sie alleine angefangen?
Nein, es war von Anfang an eine Band. Zu Beginn gab es ein Kinderprogramm für einen Hort und da habe ich zum ersten Mal das bekannteste und am besten funktionierende Stück in meinem Programm, „Im Popcorn-Topf ist der Teufel los!“, aufgeführt. Das Stück werde ich wahrscheinlich mein Leben lang spielen. Der erste richtige Auftritt war auf dem Frühlingsfest am Kasseler Kulturzentrum Schlachthof, und den wollte ich unbedingt mit der Band machen. Dann habe ich die beiden Kollegen gefragt. Achim, alias „Herr Schultz“, hatte mit mir schon eine Bluesrock-Band. Er ist eigentlich Gitarrist und ich bin eigentlich Bassist. Den habe ich über Nacht zum Bassisten gemacht, weil ich unbedingt Gitarre spielen wollte. Also haben wir die Rollen gewechselt. Christian, alias „Herr Svenson“, ist ein toller Musiker der Kasseler Szene und man trifft sich halt. Bei den beiden wusste ich, dass sie unkompliziert sind.
Wer schreibt die Texte?
Die schreibe ich! Ich denke mir die Melodie, die Akkorde, also die Musik aus. Mit einigen technischen Hilfsmitteln nehme ich das auch auf, damit da schon ein Bandsound ensteht. Die Bassfiguren mache ich auch, weil ich selber Bassist bin und das Schlagzeug überlasse ich dem Christian. Die Musik halte ich nie wirklich auf Papier fest, denn beim Komponieren wird der Song bereits auswendig gelernt. Nur an den Texten feile ich schon mal länger herum und schreibe sie auf.
Was muss ein guter Song für Kinder leisten?
Er sollte guten Rhythmus haben, sodass man animiert wird, sich zu bewegen. Der sollte etwas rocken und der Text sollte die Kinder ansprechen. In meinen Texten stelle ich mich mehr auf die Kinderseite. Bewegungslieder sind auch sehr hilfreich und wertvoll.
Würden Sie lieber zum Erwachsenenpublikum wechseln?
In der näheren Zukunft würde ich da nichts ändern. Ich habe schon lange die Idee in der Schublade, so ein Erwachsenenprogramm mit eigenen Sachen zu machen. Meine größte Stärke beim Musikmachen ist es, dass ich ein Unterhalter bin. Egal vor welches Publikum ich mich stelle, es funktioniert eigentlich immer. Auch mit meinem Humor kann ich viele Leute ansprechen. Es ist egal wer vor mir steht, es gelingt mir immer den Spaß an der Musik zu teilen und die Leute einzubeziehen. Ein Erwachsenenprogramm liegt mir schon am Herzen, doch da stehe ich mir selber manchmal im Weg. Meine Ansprüche sind da höher.
Was bedeutet für Sie Musik?
Spontan fällt mir eine Textzeile von Jan Delay ein. Er singt „Musik ist das Beste was es gibt“. Sie ist Balsam, bringt Leute zusammen, macht in der Regel gute Laune und in dem Moment, wo sie stattfindet, gibt es wenige Probleme. Es könnte im Grunde noch mehr Musik gemacht werden, das wäre eigentlich sehr gut. Da die Musik zu meinem Beruf geworden ist, ist sie sowieso sehr wertvoll für mich.
Ist es schwer, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen?
Natürlich gibt es einige Schwierigkeiten. So fallen die Arbeitszeiten überwiegend auf die Wochenenden. Zum Glück werde ich von meiner Freundin sehr gut unterstüzt. Der Vorteil ist aber auch, dass Kinder diesen Job sehr gut nachvollziehen können.
Welchen Ratschlag würden Sie angehenden Sängern mit auf den Weg geben?
Bescheiden an die Sache ranzugehen und Spaß an der Musik zu haben. Man sollte überlegen, ob man durch Musik etwas mitteilen möchte. Und wenn es so ist, dann ist das qualitativ auch gar nicht so erstrangig. Was mir überhaupt nicht gefällt, ist Stars zu kopieren. Das wäre meine Empfehlung: Jeder sollte sich selbst treu bleiben.