„Eine verkannte Kunstform ?!“ Thorsten Adrian über aufgeblasene Objekte (WS 2013/14)

Thorsten Adrian. Foto: Lara Riemann

Thorsten Adrian. Foto: Lara Riemann

Von Lara Riemann

Thorsten Adrian (Jg. 1976), Inhaber von Ballonist.de in Kassel, über eine aufsteigende Kultur mit begeisterndem Charakter.

In den USA zählen Ballons schon zur Kultur, für manche sogar zur Kunst. Wie siehst du das?
Natürlich hat jeder einen anderen Geschmack und stellt sich die Frage frei nach dem Motto„Ist das Kunst oder kann das weg?“. Für mich haben modellierte Ballons und Ballondekorationen einen künstlerischen Aspekt. Ich glaube sogar, sie sind eine verkannte Kunstform, die als solche in Deutschland nicht anerkannt ist. Auf der einen Seite stehen die normalen Latex- und Folienballons, die man im Supermarkt und auf Stadtfesten kaufen kann und auf der anderen Seite das Modellieren und Gestalten von z.B. einer Ballonskulptur. In den USA gehören diese einfach zu Geburtstagen und Partys dazu, in Deutschland sind sie häufig nur Blumenstraußersatz. Aber ich merke immer wieder, dass sich das ändert, vor allem, wenn die Leute sehen, was man aus Ballons alles machen kann.

Würdest du dich selbst als Künstler oder eher als Gewerbetreibender bezeichnen?
Wenn ich meine Materialien einkaufe, bin ich Unternehmer oder Geschäftsmann; wenn ich an meiner Website bastel, bin ich Fotograf und Webdesigner; wenn ich meine Kunden berate, bin ich Verkäufer, bei kleinen Kindern kommt auch schon mal der Clown in mir durch. Um Kundenwünsche zu erfüllen und modellierte Ideen zu realisieren, bin ich Ballon Artist, aber dennoch würde ich mich nicht direkt als Künstler bezeichnen.

Wie kamst du auf die ungewöhnliche Idee einen Ballonladen in Kassel zu
eröffnen?
Ich kam durch Umwege zu den Ballons. Teilweise durch meine Kinder, für die ich gern mal etwas modellieren wollte, aber auch durch mein eigenes Interesse an einem tollen Business, bei dem man nicht nur einfach Gas in einen Ballon füllt, was viele immer glauben, sondern auch die Möglichkeit hat, sich kreativ auszutoben. Aber auch der Zufall und mein Ebay-Shop, der sich finanziell nicht lohnte, spielten dabei eine Rolle. 2011 eröffnete ich einen kleinen Ballonladen, der sich schon am ersten Tag mehr rentierte als ein Jahr Ebay-Shop und gleichzeitig eine gute Lagerungsmöglichlichkeit für einen Teil der 84000 Ballons bot. Der Laden war anfangs als Nebentätigkeit gedacht, aber 2013 machte ich mich dann hauptberuflich selbstständig.
    
Gibt es in Kassel überhaupt so etwas wie eine „Ballonszene“, sodass sich der Verkauf lohnt?
Das meiste rund um Ballons passiert tatsächlich International oder auf Conventions und Messen. Dass Kassel nun auch einen Teil davon abbekommt, freut mich natürlich sehr. Ob es sich lohnt, werden wir in den nächsten Monaten sehen. Eine Firma zu führen ist ein unbeschreiblicher Kraftakt mit sehr vielen persönlichen Verlusten.

Es heißt vor dem Einschlafen, hat man die besten Ideen. Wann hast du deine?
Ich bin immer voll dabei, egal ob ich einen Döner esse, im Bett liege oder die Wäsche aufhänge. Wenn mir etwas einfällt, dann fällt es mir ein. Natürlich lasse ich mich auch durch das Internet und die Conventions inspirieren. Dort fühle ich mich wie zu Hause, es ist unglaublich all diese ballonbegeisterten Menschen auf einem Haufen zu sehen. Ich gebe zu, es ist manchmal ein 24/7 Job, aber mit positivem Stress. Und trotz gelegentlicher Schwierigkeiten, habe ich Spaß und nur das zählt.

Die Auswahl im Laden ist riesig, von laufenden Tieren und Hochzeitspaaren über modellierte Kettensägen oder Fußballspieler auf Geschenkballons bis hin zu fliegenden Disneyhelden und übergroßen Herzen. Was ist dein Lieblingsballon, kannst du dich da überhaupt entscheiden?
Das fällt schwer, muss ich sagen, aber das geht auch 90 Prozent der Kunden so. Es gibt viele Ballons, die ich gerne mag, aber am liebsten mag ich den Riesen-Bugs-Bunny, denn mit dem hat alles angefangen.

www.ballonist.de