„Ich kann das, was ich liebe, jetzt nicht mehr machen“ – Interview mit Pete Ezedunor, Tanzschule Body & Soul (WS 2020/21)

Foto: Privat

Von Alina Weber

Pete Ezedunor (Jg. 1968) ist Tänzer, Choreograph, Fitness- Trainer und Inhaber der Tanzschule Body & Soul in Kassel. Ich traf mich mit Pete in der Tanzschule. Wir sprachen über das Tanzen, über die kreativen Prozesse, die hinter seiner Arbeit stecken und über die Folgen der Pandemie für die Tanzschule.

Was bedeutet das Tanzen für dich?
Tanzen bedeutet für mich alles. Wo ich herkomme, aus Nigeria, ist Tanzen für uns Leidenschaft, es bedeutet Stress abbauen und es bedeutet Leben. Musik und Tanz hat für uns und unsere Kultur eine sehr große Bedeutung. Wir leben einfach für das Tanzen.

Was gefällt dir an deinem Job am meisten?
Die Leute. Ich liebe es, mit Menschen zusammen zu arbeiten und sie glücklich zu sehen. Ich liebe die Musik, den Tanz und die Kunst, die dahintersteckt. Mir gefällt aber auch die Anstrengung und der Sport, der damit verbunden ist. Für mich ist es am wichtigsten, dass man sich bei seiner Arbeit super gut fühlt.

Was sind deine größten Erfolge bisher?
Mein erster großer Erfolg ist es, auf der Bühne zu stehen. Menschen mit meinem Tanz glücklich zu machen und zu inspirieren. Der zweite wichtige Erfolg für mich sind die Leute, die kaum Selbstbewusstsein haben und dann zu mir in die Tanzschule kommen: zu sehen, wie sich diese Schüler über die Zeit entwickeln, wie sie besser und selbstbewusster werden und wie sie am Ende stolz auf sich selbst sind. Manche Schüler haben schon als Kind angefangen hier zu tanzen. Zu sehen, wie sie nach zehn, 15 Jahren immer noch hier sind, das ist mein größter Erfolg.

Wie würdest du die Beziehung zu deinen Schülern beschreiben? Siehst du dich selbst als Bezugsperson?
Auf jeden Fall, ja. Ich bin nicht nur Trainer, ich bin auch ein Freund, Vater, Bruder und manchmal auch eine Mutter (lacht). Ich spiele einfach eine wichtige Rolle für meine Schüler. Das ist auch das Besondere an unserer Tanzschule. Wir sind hier eine große Familie.

Was gibst du deinen Schülern mit auf den Weg?
Was ich immer sage ist: Wenn du Erfolg haben willst, brauchst du Disziplin. Und wenn du etwas anfängst, musst du es auch zu Ende bringen. „If you start a race, bring that race to an end. “ Aber auch wenn man mal verliert, muss man trotzdem weitermachen. Man darf niemals aufgeben. Egal wie hart der Weg ist, du musst kämpfen. Und wenn du fällst, musst du lernen, wieder aufzustehen.

Woher nimmst du die Inspiration für deine Choreographien?
Meine Inspiration kommt meistens von alltäglichen Dingen und Situationen. Manchmal inspirieren mich aber auch meine Träume oder die Natur. Außerdem werde ich von Menschen auf der ganzen Welt inspiriert. Wie sie sich bewegen oder wie sie tanzen. Am Ende fließen all diese Inspirationen zusammen und es entsteht eine Idee für die Choreographie.

Du veranstaltest mit der ganzen Tanzschule zweimal im Jahr einen großen Auftritt im Kasseler Staatstheater. Was gefällt dir an diesem Auftritt am meisten? Verbindest du damit eher Spaß oder Stress?
Im Allgemeinen eher Spaß. Natürlich ist Stress auch ein großer Faktor, gerade als Choreograph und Leiter der Tanzschule. Aber in dem Moment, wenn die Show vorbei ist, vergesse ich den ganzen Stress der letzten zehn Monate und ich empfinde nur noch Glück. Wenn ich dann am nächsten Tag auf die Show zurückblicke, weiß ich, dass sich der ganze Stress gelohnt hat. Das zeigen mir auch die Rückmeldungen der Zuschauer. Dieser Erfolg macht eben auch viel Spaß. Die Staatstheaterauftritte bringen mir so viel Freude, weil ich liebe, was ich mache.

Und wie spielt sich der Prozess von einer Grundidee zum fertigen Stück ab?
Wir sind ein Team von drei Leuten. Isi überlegt sich die Grundidee. Sie entscheidet, welches Stück wir überhaupt tanzen. Beim letzten Mal war das „Hänsel und Gretel“. Charlene schreibt dann das Konzept, das Drehbuch sozusagen. Sie überlegt, wie wir mit dem Intro anfangen, wie viele Tänzer wir für welche Szene brauchen, welche Gruppe was tanzt und so weiter. Danach kommt das Drehbuch zu mir. Ich denke mir dann die Choreographien für die einzelnen Szenen aus. Zum Beispiel muss ich dann einen Tanz choreographieren, welcher die Bösewichte darstellen soll. Zum Schluss müssen wir natürlich noch Bühnenbilder, Kostüme und vieles mehr festlegen.

Welche Schwierigkeiten bringt die aktuelle Corona- Pandemie für die Tanzschule mit sich und was bedeutet sie für dich persönlich?
Wir mussten die Tanzschule wegen des Lockdowns schließen. Das Problem dabei ist, dass einige Schüler die Lust am tanzen verlieren, wenn kein direkter Unterricht mehr stattfindet. Daher haben wir leider auch schon einige Kündigungen erhalten. Außerdem ist es schade, dass wir jetzt keine Auftritte mehr haben oder an Meisterschaften teilnehmen können. Das ist für uns alle nicht leicht. Wenn dir etwas sehr viel Spaß macht und es dir dann einfach genommen wird, ist das schrecklich. Für mich persönlich, als Tänzer und Künstler, ist die größte Herausforderung, dass ich meine Kreativität und meine Begabung nicht mehr zeigen kann. Ich kann das was ich liebe, nicht mehr machen. Ich kann nicht mehr denken. Und die Ideen in meinem Kopf werden immer weniger.

Und wie geht die Tanzschule jetzt mit der neuen Situation um?
Wir bieten online Unterricht über Zoom an. Das ist natürlich nicht das gleiche, aber es funktioniert irgendwie. So versuchen wir, unsere Schüler weiterhin zu motivieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, zu tanzen. Zum Glück sind immer mindestens 80 Prozent der Schüler dabei. Das gibt uns Hoffnung. Wir bekommen das schon hin.

Hast du ein bestimmtes Lebensmotto oder Mantra, das dich in dieser Zeit täglich motiviert?
Es ist wichtig, immer positiv zu denken und sich ein Ziel vor Augen zu halten. Umgib dich mit positiver Energie. Mein Tipp: Viel Musik hören und oft an die frische Luft gehen hilft immer.

Vielen Dank für das nette Gespräch!

Zur Webseite