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Von Lara Janhofer
Frauke Striegnitz, Jg. 1976, studierte an der Kunsthochschule in Kassel. Sie berichtet über ihren Alltag als Trickfilmzeichnerin (auch: Animatorin) und ihre Mitarbeit an Projekten wie „Meine Schmusedecke“, welches vom Studio „Filmbilder“ produziert und beim „Sandmännchen“ ausgestrahlt wurde.
Was wollten Sie werden, als Sie noch ein Kind waren?
Ich erinnere mich an eines dieser typischen Gespräche, die man als Kind mit Verwandten führt. Damals habe ich gesagt, dass ich das noch gar nicht weiß, aber mein Papa meinte, er könnte sich vorstellen, dass ich Psychologin oder Designerin werde. Ich habe damals schon viel gezeichnet, aber wusste nicht, dass man damit Geld verdienen kann und ich dachte, dass Designerin nur Modedesignerin bedeutet.
Wie sind Sie zum Trickfilmzeichnen gekommen?
In der Schule kam zum Zeichnen die Theater-AG dazu, in der ich sowohl das Bühnenbild gestaltet als auch in den Stücken mitgespielt habe. Als ich mich dann an Schauspielschulen bewarb, merkte ich, dass mir die Schauspielwelt zu streng ist. Ich konnte da nicht mehr wie in der Schule an allem mitarbeiten, was mir Spaß gemacht hat. In dem Jahr nach meinem Abitur ist mir dann zufällig ein Trickkurzfilm begegnet. Bei Trickfilmen kann ich Regie führen, meine Charaktere für mich schauspielern lassen und dabei zeichnen.
Hat Sie ein Animator besonders inspiriert?
Ja, ich habe ca. 2009 auf einem Filmfestival den Kurzfilm „Milch“ von Igor Kovalyov, einem ukrainischen Trickfilmemacher, gesehen und fand seinen Stil total schön und modern. Ich dachte, er wäre ein ganz junger, hipper Typ, und hab dann beim späteren Recherchieren herausgefunden, dass er schon um die 60 war.
Welche verschiedenen Techniken gibt es beim Trickfilmmachen und welche benutzen Sie?
Die Technik, die ich benutze, ist Trickfilmzeichnen. Früher hat man auf dünnem Papier gezeichnet und für den nächsten Frame ein neues Papier darübergelegt. Heute zeichne ich meistens digital auf einem Interactive Pen Display. Bei Puppentrick bewegt und fotografiert man Puppen in kleinen Modellwelten. 3D Computeranimation ist wie Puppentrick, aber ins Digitale übertragen. Bei der Legetricktechnik werden Figuren so wie Hampelmänner mit Scharnieren zusammengebaut, das ist auch digital möglich. So haben wir zum Beispiel „Meine Schmusedecke“ vom Sandmännchen animiert.
Ihr Arbeitsplatz ist bei Ihnen zu Hause. Arbeiten Sie immer dort?
Nicht immer, aber meistens. Ich bin auch schon öfter für Projekte woanders hingegangen. Ich war zum Beispiel für ein Projekt für ein paar Wochen in Berlin und für ein anderes sogar zwei Jahre lang in Leipzig.
Sie sind durch Ihren Beruf schon viel rumgekommen. Wo hat es Ihnen am besten gefallen?
‚Meine Zeit in den Niederlanden ist kaum zu toppen. Ich hatte ein Stipendium für ein Institut, was mir sehr gefallen hat. Dort gab es ein Archiv mit allen niederländischen Trickfilmen, Workshops und wir durften dort an unseren eigenen Trickfilmen arbeiten. Wir haben auch in dem Institut gewohnt und es waren immer Ansprechpartner da.
Können Sie sich vorstellen, nochmal woanders zu arbeiten?
Im Moment ist nichts geplant, aber wenn mich ein Projekt besonders anspricht, dann würde ich fast überall hinziehen. Ich habe aber auch da gewisse Grenzen, ich würde beispielsweise nicht in eine Diktatur wie China ziehen wollen, auch wenn dort viele Trickfilme gemacht werden.
Wie gefällt es Ihnen, Ihre Zeit selbst einteilen zu können?
Das gefällt mir gut, ich finde es aber auch schwierig. Ich verbringe ziemlich viel Zeit damit, herauszufinden, wie ich meine Zeit am besten einteile. Es gibt auch Tage, an denen ich Probleme habe, mich zu motivieren. Wenn ich in einem Studio arbeite, fällt mir das leichter, weil andere Leute sehen können, ob ich arbeite oder nicht, das gibt mir ein gewisses Gefühl von Kontrolle.
Wenn Sie an einem Projekt arbeiten, wie sieht dann ein vollständiges Team aus?
Das ist ganz unterschiedlich. Bei „Meine Schmusedecke“ gab es ganz viele kleine Teams, die dann zusammen das Produktionsteam bildeten. Urte, die Besitzerin des Studios in Leipzig, und ich haben uns um die Animation gekümmert. Außerdem gab es einen Produzenten, eine Regisseurin, ein paar Techniker, die beispielsweise die Puppen so vorbereitet haben, dass sie sich richtig bewegen, Leute, die für den Ton verantwortlich waren, und Sprecher.
Was gefällt Ihnen am besten an Ihrem Beruf?
Ich glaube das Geschichtenmachen. Das fängt für mich schon dabei an, dass ich einfach am Leben teilnehme und mich Sachen beeindrucken. Daraus wächst mit der Zeit eine Idee. Ich sammle im Alltag Bilder, hebe sie wie in einem Archiv auf und greife darauf zurück, wenn ich sie gebrauchen kann. Dann übersetze ich diese Bilder in eine allgemeinverständliche Geschichte. Wie ich einen Gedanken mit den filmischen Mitteln kommunizieren kann, ist wie ein Detektivspiel.
Können Sie etwas zu Ihrem aktuellen Projekt sagen?
Es geht um eine Familie mit einer Tochter, die ein zweites Kind erwartet, das tot geboren wird. Während die Eltern von ihrer Trauer wie gefangen sind, ist die Tochter noch zu klein, um den Tod als etwas Negatives zu bewerten und nimmt ihr Geschwisterkind vorbehaltlos als eine Urne an.
Haben Sie einen Tipp für Leute, die auch in eine kreative Berufsrichtung wollen?
Ich glaube in kreativen Berufsrichtungen findet ein natürliches Aussieben statt. Künstler können meist gar nicht anders als ihren Beruf auszuüben. Sie sollten ihrem eigenen Stil treu bleiben und sich ständig fragen, ob man das tut, womit man sich gut fühlt, bei dem man sagen kann: Das bin ich.