
Foto: Ema Ravi
In einem versteckten Winkel Vellmars befindet sich ein Atelier, an dessen Eingang viele verrostete Metallfiguren stehen. Dort arbeitet der 78jährige Metallbildhauer Vinzenz Hahn. Ein altes Salatbesteck verwandelt er schon mal in einen Vogelkopf.
Von Emavathie Ravi
Sie nennen ihre Arbeiten „Skurrile Objekte“. Können Sie das bitte erklären?
Das Skurrile ist das Possenhafte. Diese Art Objektkunst ist ziemlich neu und stammt etwa aus den 1950er und 1960er Jahren. Vorläufer gab es im Dadaismus und Surrealismus. Dabei werden aus vorgefundenen Materialien neue Kunstobjekte erschaffen.
Wann haben Sie damit angefangen?
Ich habe damit begonnen, als ich in den „Un-Ruhestand“ kam. Ich war damals viel unterwegs, z. B in Österreich, Dänemark oder in der Schweiz. Dort suchte ich gezielt nach solchen Objekt-Plastiken in Galerien. Ich bin gelernter Kunstschlosser und mir hat diese Arbeit immer gut gefallen. Ich mag es, Dinge umzuarbeiten, sodass etwas Neues entsteht. Tierische oder menschliche Figuren eben. Natürlich soll auch der Betrachter Freude empfinden und schmunzeln können. Das meine ich mit „possenhaft“.
Sie haben mir die Figur einer Krabbe gezeigt. Deren Körper besteht aus einem alten Waffeleisen. Woher kommen die Fundstücke?
Die Fundstücke finde ich auf Flohmärkten und im Internet. Die Fundstücke an sich verändere ich kaum, füge sie nur so zusammen, dass etwas Neues entsteht. Wichtig ist mir, dass alle Einzelteile harmonisch zusammenpassen.
Wie lange dauert es, bis so ein Kunstwerk fertig ist? Können Sie den ganzen Prozess beschreiben?
Oh, das ist unterschiedlich! Das kann zwischen drei und sechs Stunden oder länger dauern. Nehmen wir mal diesen großen Vogel. Die Basis war ein Hebel mit Holzgriff. Von den Proportionen her gefällt er mir noch nicht so gut, da arbeite ich noch dran. Und zwar so lange, bis ich meine Vorstellung umgesetzt hab und das Ganze vollendet ist.
Wovon lassen Sie sich inspirieren?
Es kann sein dass in der Nacht der „Architekt“ in mir erwacht und ich eine Idee habe. Morgens mache ich dann schnell eine Skizze. Ich weiß ungefähr, was ich in meiner Werkstatt an Objekten finden kann oder ob ich etwas auf dem Flohmarkt hinzukaufen muss. (Jemand betritt das Atelier, wir werden kurz unterbrochen) Hallo, Peter! Wunderbar! (Peter bringt eine alte Forke vorbei). Nichts wird von mir weggeschmissen. Ich nutze jedes Teil, wenn möglich.
Viele ihrer Objekte sind rostig. Was gefällt Ihnen am Rost?
Rost ist etwas Vergängliches. Das hat seinen Reiz. Frühmorgens, wenn der Tau aufliegt, hat Rost zum Beispiel eine andere Farbe als im Sonnenschein. Ich bearbeite die Figuren auch nach einem alten Verfahren, das man „brünieren“ nennt. Das Metall wird erhitzt und mit Öl eingepinselt. Dabei verfärbt sich das Metall. Wenn man es dann noch in der Sonne stehen lässt oder mit dem Brenner darüber geht, dann dringt die Färbung tiefer ein. Wenn ich dann Teile zusammenfügen will, muss ich aber an den Nahtstellen den Rost entfernen, damit ich die Teile hier auch miteinander verschweißen kann. Obwohl der Rost etwas Vergängliches ist, lebt er trotzdem.
Bei unserem ersten Treffen, sagten Sie „Ich bin kein Künstler, sondern ein…
…Kunst-hand-werker. Was ich mache, ist handwerkliche Arbeit. Künstler haben ja meist studiert. Ich aber bin Autodidakt. Bei mir dominiert das Handwerkliche. Alle Teile, die ich zusammenfüge, sollen miteinander harmonieren.
Wird man noch lange diese Art von Objekten gestalten können?
Ich glaube, eher nicht. Solche Fundstücke, wie ich sie verwende, findet man immer seltener. Von daher wird es auch immer schwerer, neue Arbeiten dieser Art herzustellen. Die neue Industrieware ist für mich weniger Interessant.