ULRIKE DRAESNER: „SCHWITTERS“ / HELL & HÖRIG
Literarischer Herbst 2022

Foto: ©Dominik Butzmann

Donnerstag, 10. November 2022, 19.30 Uhr.

Staatstheater Kassel, Opernhaus-Foyer, Friedrichsplatz 15, 34117 Kassel.
Veranstalter: Literaturhaus Nordhessen in Kooperation mit dem Staatstheater Kassel.

Eintritt: 15 / 12 Euro

Wie fängt man eine Zukunft an, die eigentlich schon aufgehört hat? Mit einem Streifen Meer zwischen sich und seiner Heimat, seiner Sprache, sich selbst? Kurt Schwitters ist 49, als ihn die Nationalsozialisten zur Flucht aus Hannover zwingen. Sein Erfolg, Werk, Besitz, die Eltern und seine Frau Helma bleiben zurück. Die Kunst weicht der Kunst des Überlebens. In Norwegen, London und endlich dem Lake District beginnt Schwitters‘ zweites Leben in fremder Sprache. Wantee, die neue Frau an seiner Seite, hält ihn auf Kurs und seinen Kopf über Wasser, selbst als der Wortkünstler verstummt. Im Merzbau hat Schwitters einen anderen Weg gefunden, um Himmel und Heiterkeit, das Funkeln der Wiesen und die Durchsichtigkeit der Luft einzufangen. Mit irrwitziger Disziplin, bis zur Erschöpfung. Wer ihn dabei beobachtet, begreift: Kunst bildet die Welt nicht nach. Sie übersetzt sie in Formen, die uns berühren.
In ihrem Roman folgt Ulrike Draesner dem Schriftsteller und bildenden Künstler Kurt Schwitters ins Exil. Es sprechen Kurt, seine Frau, sein Sohn, seine Geliebte. In einer virtuosen Mischung aus Fakten und Fiktion entsteht das Panorama einer Zeit, in der angesichts einer brennenden Welt neu um Freiheit und Kultur gerungen wird. Ein tiefgründiger, dabei humorvoller Roman über die Kraft der Kunst, darüber, wie sie entsteht und was sie vermag.

In »hell & hörig« zeigt sich das ganze Können der Dichterin Draesner: Gedichte aus 25 Jahren, sinnlich, gedankenreich und zugewandt, viele davon noch unveröffentlicht. Souverän werden traditionelle lyrische Formen aufgegriffen, naturwissenschaftliche Kenntnisse integriert. Polyglott, polyamorisch, zeitgenössisch ist Draesners Poesie, deren Originalität sich auch im Umgang mit fremden Sprachen beweist. Dem Wald und seinen Pflanzen gehört ein Kapitel, ein anderes Tieren, ein drittes den Fragen nach Heimat und Migration. Große Gesänge gliedern den Band: die Klage um ein fehlgeborenes Kind, die Auseinandersetzung mit einer sich entziehenden Mutter. In zwölf von Draesner gestalteten Zwischenrufen geht sie der Frage nach, wie durch Poesie Neues in die Welt kommt und Altes, Vergessenes sichtbar wird: glänzend in seinem eigenen Ton.

ULRIKE DRAESNER, geboren 1962 in München. Romanautorin, Lyrikerin und Essayistin. Studium in England und Deutschland. Ihr erstes Buch, gedächtnisschleifen, Gedichte, erschien 1995. Weitere Gedichtbände, Bände mit Erzählungen und Romane folgten, darunter »Sieben Sprünge vom Rand
der Welt« (Roman 2014), »subsong« (Gedichte 2014); zuletzt »Eine Frau wird älter« (2018), »Kanalschwimmer« (2019), »Schwitters« (2020) und »Doggerland« (2021). Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen, intermediale Projekte, Gast- und Poetikdozenturen in Deutschland, der Schweiz, England und den USA. Sie lebt in Berlin und Leipzig.

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