-
Dana Al Najem: Betreiberin des Café Buch-Oase mit palästinensischen
Wurzeln. - Jörg: Kasseläner aus Rothenditmold mit der Leidenschaft zu Büchern.
- Der Kaffee: Fair gehandelt, biologisch, von aufständischen Bauern aus Chiapas, Mexiko.
- Die Bücher: Eine umfangreiche Arbeiterbibliothek zu den Schwerpunktthemen Geschichte, Politik- und Gesellschafts-wissenschaft, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte mit insgesamt über 20.000 Titeln.
- Die Oase: Ein Ort zum Wohlfühlen
Von Katharina Treder
Café, Bücher oder Kulturveranstaltungen? Wo liegt Euer Schwerpunkt?
Jörg: Das Café Buch-Oase ist entstanden durch die Büchersammlung. Sie ist das Motiv für unser Kulturprojekt.
Dana: Durch zwei Ideen: Kulturvermittlung durch Bücher und das Schaffen eines multikulturellen Begegnungszentrums in Kassels Vorderem Westen.
Jörg: Es ist ein Projekt und die Jugend soll‘ s sich erobern. Sag der Jugend Bescheid!
Was meinst du mit erobern?
Jörg: Du weißt, dass hier Bücher sind. Wenn du zum Beispiel in deiner Studienzeit Fragen zu bestimmten Themen hast, kannst du kommen und sagen: „Ich such was dazu.“ Und ich mach mir dann Gedanken, wie kann ich dir dabei helfen.
Ich sag‘ unseren Gästen immer, denkt daran, es ist kein Selbstlauf. Am besten ist natürlich, wenn jemand hilft oder wenn du eine Patenschaft übernimmst. Das ist so mein Ziel. Du hast Spaß an Literaturwissenschaften, dann betreust du den Bereich. Guckst einmal die Woche, dass die Bücher ordentlich stehen und alle erfasst sind. Dein Kommilitone macht das mit dem Bereich Geschichte und so weiter. So denke ich mir, kann man die Bibliothek zum Laufen bringen. Das ist kein großer Aufwand und man gewinnt Einblick, wäre Spezialist in dem Bereich. Es wäre dann selbst organisierte Kulturarbeit.
Und wo kommen die vielen Bücher her?
Jörg: Die habe ich über Jahrzehnte gesammelt. Die kommen quasi aus Rothenditmold, wo ich aufgewachsen bin und zuletzt 20 Jahre gelebt habe.
Was bedeutet Buch-Oase?
Dana: Ein Platz zum Ausruhen.
Jörg: Es ist ein Café, es gibt Bücher und es ist eine Oase. Die Oase kannst du im Hinterhof sehen, in den Naturfarben der Räume. Eine Kombination aus Naturbelassenheit, zum Teil fair gehandelter, biologischer Verpflegung, interessanter Literatur. Was fürs Hirn, was für’n Magen und was für die Sinne (lacht). Es ist für alle etwas dabei. Und natürlich für Menschen, die sich mit den Themen dieser Zeit auseinandersetzen – für Arbeiter, Akademiker und vor allem für die Jugend, eben deshalb der Name: Volksbücherei-International im Café Buch-Oase.
Steht ihr programmatisch hinter all euren Veranstaltungen?
Dana: Es gibt Veranstaltungen, da sind wir dabei und andere, da stellen wir nur unsere Räume zur Verfügung
Jörg: Wir selbst veranstalten zum Beispiel Kunstausstellungen.
Der Vorteil für alle, die bei uns Kulturveranstaltungen machen wollen ist, dass sie durch uns mehr als 2.000 Menschen per Mail erreichen. Wir kümmern uns um die Rahmenbedingungen der Veranstaltungen.
Was würdet ihr gerne noch veranstalten?
Dana: Wir würden gern noch mehr Künstler zeigen, auch internationale, aber das hapert häufig am Finanziellen. Die Transporte der Kunstwerke sind oft nicht so einfach. Früher gab‘ s hier eine Gruppe von Studenten, die ganz tolle Poetry Slams organisiert hat. Mit vielen Profi-Slammern. Die Studenten sind leider weggezogen, aber wir würden uns freuen, wenn es neue junge Leute gäbe, die so was wieder bei uns organisieren!
Wie würdet ihr eure Gäste beschreiben?
Jörg: Es gibt viele Zufallsgäste, so wie dich (lacht).
Dana: Damals, als wir aufgemacht haben, im Oktober 2005, waren wir das einzige Nichtraucher-Café. Wir hatten sehr viele Gäste, viele Mütter mit Kindern. Seit dem Rauchverbot haben sich die Besucher mehr verteilt und gehen in zentraler gelegene Cafés. Wir machen auch kaum Werbung. Daher kennen uns viele Leute noch nicht. Für neue Gäste organisieren wir oft eine persönliche Führung durch das Kulturprojekt.
Jörg: Wir machen das falsche Marketing, wir machen nämlich gar keins.
Dana: Ich weiß nicht warum, aber es kommen am meisten Frauen zu uns. Ca. 70% unserer Gäste. Ich glaube, sie fühlen sich bei uns wohl. Die Leute können bei uns sitzen bleiben, so lange sie wollen und werden nicht alle paar Minuten nach einer Bestellung gefragt. Wir freuen uns auch sehr über junge Leute, die zu uns kommen.
Viele sagen, wenn sie zu uns kommen, man würde sofort merken, dass die Buch-Oase nicht so ist, wie andere Läden.
Und wie läuft’s?
Jörg: Wir können davon nicht leben. Das Problem ist auch, dass wir kaum Unterstützung von der Stadt haben. Wir hatten mal den Vorschlag gemacht, als Projekt Buch-Oase in den Kulturstadtplan der Stadt aufgenommen zu werden. Das scheitert daran, dass den Menschen in den Ämtern oder in der Stadt nicht bewusst ist, dass wir hier faktisch ehrenamtlich als Kultureinrichtung tätig sind. Nur weil wir kein e. V. sind, wird unsere Kulturarbeit – ich arbeite als Metall-Arbeiter in Vollzeit – nicht gewürdigt. Da wird dann gesagt, das ist Gewerbe, Gastronomie. Aber vergleich uns mal mit anderen Cafés… Jeder, der uns kennt, weiß, dass das nicht vergleichbar ist.