
Markus Lefrançois. Foto: Wencke
Von Ronja Wencke
Markus Lefrançois studierte Comic und Illustration an der Kunsthochschule Kassel. Er gestaltete bereits neun große Bilderbücher, davon eine Märchenbuchreihe, einige Details der Grimm-Welt und für andere große Museen oder ein Kartenspiel. Sein Stil ist unverkennbar. Er selbst bezeichnet ihn als eine Mischung aus Jugendstil und Comic. Zusätzlich unterrichtet Lefrançois an der Kunsthochschule Kassel und der Europäischen Kunstakademie Trier Illustration und Zeichnen. In seiner Küche beantwortet er meine Fragen über seine Arbeit als Illustrator und Dozent.
Jetzt sitzen wir in deiner Küche. Ursprünglich wollten wir spazieren gehen. Wie kamst du auf die Idee, das Interview mit einem Spaziergang zu verbinden?
Ich mag so was. Vor ein paar Jahren war ein Fernsehteam für zwei Tage da. Die wollten mich beim Malen filmen, aber wir sind auch ganz viel spazieren gegangen. Dabei haben wir uns toll unterhalten! Man sieht die irgendwann nicht mehr, unterhält sich einfach und läuft ein bisschen. Im Laufen unterhält man sich echt gut. Aber wir zwei kriegen das auch im Sitzen hin.
Entspricht, was du jetzt tust, dem, was du dir vom Leben nach dem Studium vorgestellt hast?
Vor dem Studium hatte ich nicht so genaue Vorstellungen, das war einfach ein zu weites Feld. Im Studium änderte sich das dahingehend, dass Freunde und ich uns darüber unterhielten was wir glauben, was wir werden, wie wir leben wollen und so weiter. Eigentlich bin ich da jetzt ganz nah dran.
Wie ist das, wenn man sich vom Studenten zum Freiberufler entwickelt?
Gerade als Student lebt man ja so ein bisschen vor sich hin, macht ein Projektchen und kann auch mal über ein halbes Jahr daran sitzen. Und dann merkt man, wenn man fertig ist, dass man für das Gleiche nur vier Tage hat, aber am besten eine noch höhere Qualität abliefern soll. Dass Disziplin so eine große Rolle spielen würde, war mir damals als Student noch nicht klar.
Die Uni ist mit einem Lehrauftrag auf dich zugekommen, bevor du deinen Abschluss hattest. Wie kam es dazu?
Ein Professor beim Produktdesign hat meinen ehemaligen Professor Hemdrik Dorgathen gefragt, wer so gut zeichnen kann, dass er es auch unterrichten könnte. Dorgathen hat mich vorgeschlagen. Zum Beispiel kann Perspektive eine dröge Sache sein. Wenn man sie in der Schule durchnimmt, macht das vielen keine Freude. Aber wenn man Hingabe zum Zeichnen hat und das vermitteln kann, lernt man Perspektive ganz locker.
Wie naheliegend war es für dich, zu unterrichten?
Ich hab schon mit elf Jahren bei Volkshochschulkursen assistiert, und mit 13 selber geleitet. Schon früher habe ich das wirklich gerne gemacht, weil ich gut mit Kindern umgehen und malen konnte.
Ein Illustrator unterrichtet angehende Produktdesigner im Zeichnen. Dabei verfolgen beide Berufszweige sehr unterschiedliche Ziele – Wie funktioniert das?
Ich denke nicht fürs dreidimensionale Modell oder in Materialien und Verbindungen, sondern fürs zweidimensionale Bild. Ich unterrichte das Zeichnen. Die Produktdesigner sollen die Zeichnung benutzen, um mit ihren Kunden zu kommunizieren und um sich selbst Dinge klarer zu machen, Entwürfe schnell und ohne Hemmungen zu konkretisieren oder ganz zu ändern. Wenn man einen Stift oder einen Pinsel erzählerisch benutzt, dann geht man auch gedanklich ganz stark in so eine Erzählung hinein. Die Zeichnung wird viel lebendiger und erzählerischer. Gleichzeitig und unbedingt muss ich ihnen alle zeichnerischen Regeln als Grundlage beibringen.
Was kann man erzählen, wenn man beispielsweise ein Sofa malt?
Wenn man ein Sofa entwirft, kann man es zum Beispiel so darstellen, dass es groß wirkt und wuchtig. Oder man stellt es so dar, dass es klein und niedlich wirkt. Man kann alleine damit, welchen Stift man nimmt und wie man es zeichnet, viel Wirkung erzielen – ist es weich, hart, schlicht oder verspielt. Jetzt kann man das noch um ein spielerisches Element ergänzen: Was passiert, wenn auf dem Sofa irgendwo eine kleine, schlafende Katze liegt? Eine Katze legt sich nur dahin, wo es gemütlich ist. Das heißt, man kann das optisch härteste Sofa zeichnen, aber wenn da ’ne schlafende Katze drauf liegt, weiß man, dass es gemütlich sein muss!
Gibt es Ratschläge, die du angehenden Illustratoren auf den Weg geben kannst?
In der Illustration sind natürlich die Ergebnisse das Wichtige. Aber bei der Skizze hat man die Möglichkeit, jede kleinste Idee aufzuzeichnen, die man im Kopf hat. Die Skizze ist sozusagen ein Spielfeld. Es ist wichtig, sie wertzuschätzen. Man kann tagelang skizzieren, Dinge ausprobieren und sich Alternativen überlegen. Also unbedingt skizzieren! Inhaltlich rate ich dazu, Dinge zu wählen, die einen interessieren und denen man auch nah ist. In dem Augenblick erzählt man ehrlich und man hat Informationen, weil einen die Sache interessiert. Vielleicht gibt es ein zweites Hobby, an dem man anknüpfen kann. So hat man ein Fachwissen, das man unbedingt verwenden sollte.
Ich danke recht herzlich für die Antworten und wünsche noch einen schönen Tag!