„Wer es nicht ausprobiert, wird es nie machen!“ – Gespräch mit Benjamin Zinke von Radio Bob über den Beruf des Radiomoderators (SoSe 2017)

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Von Sarah Heid

Schon als Kind experimentierte Benjamin Zinke mit seinem Kassettenrekorder und nahm eigene kleine Radiomoderationen auf. Nach einem Praktikum beim Radio entschied er sich dennoch erstmal für ein Studium. Während er Pädagogik und Sozialpolitik in Göttingen studierte, arbeitete er nebenbei als DJ und wirkte beim Uniradio mit. Letztendlich kam er doch wieder zu seiner Leidenschaft zurück und aus einem Volontariat bei Sky Radio, dem Vorgänger von Radio Bob, wurde eine Festanstellung als Redaktionsleiter.

In Zeiten von YouTube, Spotify und Co.: Lohnt sich der Beruf des Radiomoderators noch?
Auf jeden Fall! Lass mich an einem einfachen Beispiel erklären, warum es Radio immer geben wird. Stell dir vor du hörst bei Spotify deine Playlist und deinen absoluten Lieblingssong. Sitzt vielleicht dabei in der Straßenbahn und freust dich darüber. Jetzt stell dir das gleiche Gefühl vor, wenn du deinen Song im Radio hörst. Dann weißt du, alle Menschen, die diesen Radiosender gerade hören, hören jetzt deinen Lieblingssong. Das ergibt sofort ein ganz anderes emotionales Gefühl, einen Gänsehautmoment. Dieses Gefühl wird nie wegsterben. Nebenbei ist Radio auch noch die perfekte Mischung, wir nennen es Infotainment. Klar bekommt man Nachrichten auch im Internet, aber man bekommt sie im Radio präsentiert, man muss sie sich nicht zusammensuchen. Und ich bekomme sie mit meiner Lieblingsmusik zusammen, eine Verbindung aus Angenehmem und Nützlichem. Ich sehe nicht, dass die Medien gegeneinander arbeiten, sondern eher miteinander.

Wenn man den ganzen Tag mit Musik arbeitet, ist man dann nicht irgendwann genervt davon?
Das Gute ist ja, dass hier wirklich die Musik läuft, die ich mag. Ich sehe das auch wirklich als Geschenk an. Eben, kurz bevor du gekommen bist, lief bei uns ein cooler Song. Da drehen wir dann im Büro mal das Radio laut. Das Schöne ist, dass wir eben nicht still und leise sein müssen, wir dürfen das, was wir selber machen, einfach mal feiern. Privat brauche ich die Musik ebenfalls. Ich gehe hier raus, setz‘ mich in die Bahn und das erste, was ich mache, ist, mir Kopfhörer aufzusetzen und weiterzuhören.

Könntest du dir vorstellen, bei einem anderen Sender zu arbeiten?
Das ist ja so als würde man einen Fußballer fragen, ob er für immer bei seinem Verein bleiben will. Dazu bin ich mit meinen 37 auch noch relativ jung und habe noch 30 Jahre Arbeitsleben vor mir. Im Moment gibt es keinen Grund für mich, woanders hin zu gehen, wir haben tolle Projekte am Laufen, sind das erste Mal bei Wacken Open Air dabei. Wenn ich das Interview in zehn Jahren noch mal lese und woanders sitze, kann es sein, dass ich mir denke, was habe ich denn da für einen Scheiß erzählt, aber im Moment kann ich mir das nicht vorstellen.

Denkst du, dass du mit 60 Jahren diesen Beruf immer noch aus Überzeugung ausüben kannst?
Ja, kann ich. Weil es so abwechslungsreich ist und sich immer weiterentwickelt. Wir waren eben beim Thema „Soziale Medien“, ich bin wahnsinnig neugierig auf das, was da noch kommt. Wir überlegen auch immer, ob wir nicht anfangen, digitale Radioshows anzubieten, man konnte sich vor 20 Jahren nicht vorstellen, was für eine Macht YouTube und Co. nun spielen und ich denke, dass in den nächsten 30 Jahren noch so viel dazu kommen wird, dass es nicht langweilig werden kann. Ich lerne jeden Tag neu dazu und das macht es so unterhaltsam, und da ich auch keine Morgenshow mache und jeden Tag um halb 4 aufstehen muss, kann ich sagen, dass ich das in 30 Jahren immer noch gerne und aus Überzeugung machen werde.

Was würdest du jemandem mit auf den Weg geben, der gerne im Bereich Radio arbeiten würde?
Ganz einfach. Machen und Ausprobieren. Man sieht es an mir und an vielen anderen Kollegen, es gibt nicht den typischen Werdegang „Ich werde jetzt Radiomoderator“. Klar kann man Journalismus studieren, aber das ist keine Zugangsvoraussetzung, wir haben hier jemanden mit einer Banklehre, jemanden aus dem orthopädischen Bereich, Polizisten. Das Wichtigste ist, sich auszuprobieren, Bock zu haben, ein bisschen neugierig zu sein und Spontanität zu haben, man sollte auch eine halbwegs angenehme Stimme haben und nicht wie auf Helium klingen, aber selbst dann kann man beim Radio arbeiten. Radio passiert ja nicht ausschließlich hinterm Mikro, das Meiste läuft in der Redaktion, wir haben Graphikdesigner und Leute im Social Media Bereich. Da gehört auch einfach mal ein Praktikum dazu. Kann man übrigens auch bei uns machen. Mein heißer Tipp: Wer es nicht ausprobiert, wird es nie machen.