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Von Leonie Steinke
Peter Zypries (Jg. 1958) ist seit über 40 Jahren in der Kassler Kulturszene aktiv. Nach seinem Lehramtsstudium an der Universität Kassel hat er unter anderem als Statist am Staatstheater gearbeitet. Heute ist er Geschäftsführer der Firma Kunstlicht, Vorsitzender des Brüder Grimm-Festivals und seit 2020, zusammen mit Sabine Iffert, Gründer des Kulturvereins Goethes PostamD.
Herr Zypries, wie kamen Sie darauf, den Kulturverein Goethes PostamD zu gründen?
Frau Iffert und ich hatten in der Zeitung gelesen, dass das „Palais Hopp“, was ja früher hier drin war, zugemacht hat. Dann sind wir hier ein paar Mal vorbeigelaufen, haben dieses leerstehende Objekt betrachtet und uns gedacht: „Das wäre doch auch mal eine Möglichkeit – Kultur zu unterstützen, indem man einen Raum zur Verfügung stellt.“ Dann haben wir mit dem Vermieter gesprochen, unsere Idee vorgestellt, und schließlich haben wir das hier gemacht.
Sie stellen also nur die Räumlichkeiten zur Verfügung und lassen die Künstler auf Sie zukommen?
Es ist ein bisschen mehr als das. Manche rufen hier an und fragen, ob sie ein Konzert bei uns spielen dürfen, die fragen dann: „Was kostet das?“ und wir sagen: „Da gucken wir mal.“ Gerade durch Corona schwanken die Rahmenbedingungen für so etwas ständig, da will man den Künstlern etwas entgegenkommen. Wer hier etwas veranstalten will, kann jetzt den Termin buchen, er kann sich auch sicher sein, dass es stattfindet, ist aber nie im Zugzwang, eine eine vorher festgelegte Anzahl an Karten zu verkaufen, damit sich das lohnt. Ohnehin sind die wenigsten Künstler, die hier auftreten, so aufgestellt, dass sie richtig gut von ihrer Sache leben können. Man könnte also sagen, wir geben den Leuten Sicherheit. Es ist ja alles hier: Licht, Ton, Bühne, Beamer, Leinwand – es muss nur noch genutzt werden.
Wie lohnt sich das finanziell für Sie?
Gar nicht. Aber das ist egal, denn ich sehe das hier als Hobby und nicht als etwas, woraus ich Profit schlagen will. Hier geht es wirklich um die Künstler. Das PostamD funktioniert, weil es einen Förderverein, den R.D. e.V., gibt, der unsere Fixkosten übernimmt. Und das ist toll, denn dadurch kann man sich hier Künstler ansehen, die sonst gar nicht erst auftreten würden, allein, weil sie die Raummiete nicht zahlen können.
Sie betreiben das PostamD als Familie. Funktioniert das?
Das muss es, denn externe Mitarbeiter können wir uns nicht leisten. Wenn jemand kommt und sagt „ich brauche eine Lichtshow mit 25 Lichtständen und verschiedenen Toneinspielungen“, dann muss er den Techniker eben selber mitbringen. Die meisten, die hier auftreten, reduzieren sich aber eh schon. Wenn zum Beispiel eine Lesung stattfinden soll, wird ja gar nicht viel Equipment benötigt. Aktuell wird hier ein Theaterstück aufgeführt, das heißt „Monologe eines Pinsels“. Die Darsteller verwenden aus Ersparnisgründen nur ein einziges Licht, da ist dann alles machbar.
Goethes PostamD gibt es seit knapp zwei Jahren. Wie gründet man während einer Pandemie einen Kulturverein?
Eigentlich wollten wir am 2. April 2020 unsere Eröffnung feiern, was leider genau zu Beginn des ersten Lockdowns war. Naja, und als sich alles wieder beruhigt hatte, haben wir einfach irgendwie angefangen. So richtig gut gelaufen ist es dann aber auch nicht, im Jahr 2020 hatten wir in der Summe etwa 150 Zuschauer und 80 Euro Getränkeumsatz. Unter normalen Umständen wären wir also einfach pleite gegangen. Man muss sich in so einer Situation eben überlegen: „Was kann ich stattdessen machen?“ Und so haben hier letztes Jahr trotzdem Bands gespielt, und die Auftritte wurden dann über die „virtuelle Bühne Kassel“ online gestreamt.
Findet so etwas Anklang?
Das ist ganz unterschiedlich. Mit dem Brüder Grimm-Festival haben wir letztes Jahr die Serie „77 auf einen Streich“ im Goethes PostamD gedreht und im offenen Kanal übertragen. Da hatten wir insgesamt ca. 30.000 Zuschauer. Außerdem sind wir mit unseren Theaterstücken in Altenheimen und Kindergärten aufgetreten, die haben ja sowieso geöffnet. Wir dachten uns: „Wenn die Leute wegen Corona nicht zu uns kommen dürfen, müssen wir halt zu den Leuten gehen.“ Somit waren alle glücklich: die Zuschauer, die Einrichtungen, und vor allem die Künstler, weil sie etwas zu tun hatten.
Was erhoffen Sie sich für Ihren Verein nach der Pandemie?
Ich weiß nicht, ob es ein „Danach“ geben wird. Aber generell hoffe ich einfach, dass die Leute dann überhaupt noch Lust auf größere Veranstaltungen im „echten“ Leben haben. Wir tun unser Bestes daran, immer irgendetwas anzubieten, damit die Menschen nicht zu lange zu Hause bleiben und vergessen, dass es Kulturangebote wie unsere gibt.
http://goethes-postamd.de/