Zauber und Träumen – Interview mit Marianne Schoppan vom Kasseler Figurentheater (SoSe 2014)

Foto: Indra Waschkowski

Foto: Indra Waschkowski

Von Indra Waschkowski

Marianne Schoppan ist 62 Jahre alt (Jhg. 1952) und wohnt in Kassel. Schoppan hat sich schon immer für das Puppentheater interessiert. Sie tritt unter anderem im Kasseler Kulturhaus Dock 4 auf, ist Teil des Kasseler Puppenspielerverbundes Kasseler Figurentheater e.V. und spielt schon seit 31 Jahren Puppentheater.

Macht Ihnen das Puppentheater nach 31 Jahren immer noch Spaß?
(Lacht) Mir macht das Spielen fast immer Spaß. Klar gibt es auch mal eine nervige Gruppe oder dass ich schlecht geschlafen habe, krank bin oder in der Aufführung Kinder im falschen Alter sitzen.
Aber ja, es macht mir noch Spaß und solange es mir Spaß macht, werde ich das auch noch tun!


Was hat Sie dazu inspiriert, Puppentheater zu machen?

Es ist das Material, was man zum Leben bringen kann, dabei sind die Maße der Figuren nicht wichtig! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Man gibt all seine Emotionen der Figur und man selbst tritt zurück.

Nach welchen Kriterien suchen Sie sich die Kinderliteratur aus?
Die Geschichte muss gefallen, mir Spaß machen, ich muss Lust darauf haben, denn ohne Leidenschaft kann man die Geschichte nicht erzählen! Man muss die Charaktere gut in die Puppen umsetzen können. Die Altersgruppen müssen passend sein und ganz wichtig bei den Geschichten sind der Zauber und das Träumen.

Welche Kriterien sprechen gegen die Kinderliteratur?
(Überlegt) Wenn eine wichtige Sache nur rein sprachlich vermittelt wird. Themen, die problematisch zu inszenieren sind, wie z.B. den Tod. Geschichten die zu naturalistisch sind, sprechen auch dagegen, da diese zu wenig Fantasie beinhalten. Es soll eben nicht nur etwas für das Ohr, sondern auch für das Auge sein! Zum Beispiel eignet sich Janosch gut dafür.

Wollen Sie mit Ihren Stücken den Kindern helfen, die Welt zu verstehen?
Ja, aber das ist nicht mein Hauptziel. Es ist natürlich gut, dass die Kinder nach der Aufführung darüber nachdenken, was da eigentlich passiert ist. Sie sollen sich berühren lassen von der Geschichte, Emotionen zeigen und die Fantasie soll sich entwickeln!

Welche Kriterien legen Sie interkulturellen Inszenierungen zugrunde, die zweisprachig gespielt werden?
Das hat sich eigentlich erst nach und nach entwickelt. Wichtig ist mir dabei die Zweisprachigkeit. Ich möchte die Probleme der verschiedenen Kulturen ansprechen und dabei ist mir die Wertschätzung anderer Kulturen sehr wichtig! Den Kindern möchte ich mit den interkulturellen Inszenierungen Toleranz gegenüber den anderen vermitteln, Vorurteile gar aufbrechen und Kommunikationsschwierigkeiten sollen im weitesten Sinne überwunden werden.

Auf Ihrer Internetseite steht: „Die Kinder erleben bei dem Theaterstück ‘die verliebte Wolke‘ „die türkische Kultur atmosphärisch dicht und emotional.“ Glauben Sie, dass die Kinder die türkische Kultur dadurch wirklich kennenlernen?
Nein. Das ist zu optimistisch gesehen. Im günstigsten Falle erzeugt das Theaterstück nach der Aufführung einen „aha“-Effekt bei den Kindern. Ich möchte trotzdem ein kleines Fenster zu einer anderen Kultur öffnen. Die Kinder sollen schöne Sachen und positive Erinnerungen aus der Aufführung mitnehmen.

Was verstehen Sie unter türkischer Kultur?
Bei meiner Aufführung wird die Bühnenmusik auf Türkisch gespielt und komponiert. Die Ausstattung auf der Bühne passe ich auch an, man findet dort türkische Ornamente, Teppiche, Vasen und Blumen, die extra in dem bestimmten türkischen Stil hergestellt werden. Die Puppen und Figuren werden dementsprechend auch gekleidet. Ich kann nur Puzzlesteine damit vermitteln. Mit dem Thema setze ich mich selber auch auseinander.

Welche türkische Kultur wollen Sie vermitteln?
(Lacht) Man kann nicht von der türkischen Kultur reden, da diese zu facettenreich ist! In meinem Stück verwende ich historische Elemente, die auf die Osmanische Kultur zurückzuführen sind und traditionelle Lieder.

Reagieren die türkischen und deutschen Kinder unterschiedlich auf das Stück?
Ja, teilweise. Es werden auch Sätze auf türkisch gesprochen, die dann eben nur die türkischen Kinder verstehen können. Hauptsächlich reagieren sie bei den sprachlichen Sachen anders.

Wieso haben Sie bei den Kindern eine so große Zeitspanne von vier bis zehn Jahren gewählt?
Die Zeitspanne ist unterteilt in Stücke für Kinder in dem Alter von vier bis acht Jahren und von fünf bis zehn Jahren. Meiner Meinung nach sind Kinder ab vier Jahren Theaterreif. In diesem Alter können sie begreifen, dass sie Zuschauer sind, dass da eine Bühne ist und etwas passiert.

Wie stehen Sie zu Ihren Kollegen im Kassler Figurentheater?
Bei den Aufführungen wechseln wir uns ab und dort erfolgen dann inhaltliche Gespräche sowie organisatorische Absprachen. Auf Tourneen hingegen bin ich meist alleine unterwegs. Dadurch ist es ein einsamer Beruf. Ich habe dann nicht viele Ansprechpartner und deswegen freue ich mich über jeden Austausch.

Wollen Sie manchmal „ausbrechen“, etwas anderes machen?
Ich würde schon gerne ein paar Sachen machen, wie z.B. eine türkische Aufführung in der Türkei, aber das ist aus wirtschaftlichen und zeitlichen Gründen nicht möglich. Aber eines kann ich ganz sicher sagen: Etwas ganz Anderes machen möchte ich auf jeden Fall nicht!

Vielen Dank für das Interview!

www.puppentheater-schoppan.de